Der Kaiser Hadrian by Ferdinand Gregorovius

Der Kaiser Hadrian by Ferdinand Gregorovius

Autor:Ferdinand Gregorovius
Format: epub
Tags: tractate
Herausgeber: Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung


Zweites Capitel.

Die Provinzen des Reichs, ihre Verwaltung, ihr Verhältniß zur Centralgewalt. Ihr friedliche Culturentwicklung. Die Sclaverei.

Das Verhältniß der von Rom eroberten Länder zur Centralgewalt hatte Augustus im Jahre 27 v. Chr. geregelt, indem er alle Provinzen des Reichs, welche in den letzten Zeiten der Republik sieben consularische oder kriegerische und acht friedliche, prätorische, umfaßt hatten, in kaiserliche und senatorische teilte.Dio 53, 12. Sueton, Aug. c. 17. Eckhel IV, 236. Diejenigen, welche keine Kriegsmacht erforderten, gab er dem Senat zur Verwaltung. Er selbst behielt alle andern, worin es starker Besatzungen bedurfte, wie die Länder am Rhein, an der Donau und am Euphrat. Unter seinen Nachfolgern vermehrte sich die Zahl der Provinzen durch Eroberung oder durch Teilung größerer Landgebiete, so daß es zur Zeit der Tronbesteigung Hadrians deren 45 gab, von denen nur neun dem Senat gehörten.Marquardt, R. St. I², 489.

Die Kriegsmacht der 30 Legionen, welche das Reich schützte, war an dessen Gränzen, nicht im Innern aufgestellt. In ganz Italien standen keine Truppen. Gallien hatte nur eine Garnison von 1200 Mann in Lyon (cohors I Flavia urbana); Aegypten deckten nur zwei, dann nur eine Legion. In keiner einzigen der fünfhundert Städte Asiens wurde ein Soldat gesehen.Arnold, Roman System of Provincial Administration, S. 103. Die Seemacht Roms beschränkte sich auf die Flotten zu Ravenna und Misenum, im Pontus Euxinus, in der Nordsee, auf der Donau und dem Euphrat, und auf wenige andre Stationen. 350,000 Mann römischer Bürger und Hilfstruppen reichten aus, diesem ungeheuern Reich die Ruhe zu sichern, während heute Europa allein unter der Last von mehr als zwei Millionen im Frieden bewaffneter Krieger seufzen muß.Friedensstärke des Deutschen Reichs 449,000; Englands 190,000; Frankreichs 470,000; Italiens 220,000; Rußlands 950,400; Spaniens 135,000. Die geringe Stärke des Heers gibt vielleicht dem römischen Reich das größte Recht auf Bewunderung, und sie erklärt auch die Fülle der öffentlichen Werke des Gemeinnutzens in ihm, den Wolstand schön geschmückter Städte und die Blüte des allgemeinen Verkehrs.

Der Kaiser hatte also dem Senat die Militärmacht entzogen, während es schien, als habe er aus Großherzigkeit nichts für sich behalten als Lasten und Gefahren.Dio 53, 12. In Wirklichkeit hatte er auch die »Provinzen des Senats und Volks« in seiner Gewalt, da alle Proconsuln und Proprätoren unter seiner das ganze Reich umfassenden proconsularischen Befugniß standen.Dio 53, 15.

Die Statthalter für die Provinzen des Senats wurden aus dessen Mitte jährlich unter Consularen und Prätoren gewählt. Sie führten im Allgemeinen den Titel »Proconsul«. Im Range gingen sie den kaiserlichen Legaten voran. Sie hatten zehn oder zwölf Lictoren.Dio 53, 13. 14. Eckhel IV, 237. Asia und Africa wurden nur von solchen Proconsuln regiert, die wirklich Consuln gewesen waren. Daher hießen diese Länder vorzugsweise proconsularische, und ihre Vorsteher hatten 12 Lictoren. Ein glänzender Hof umgab sie, dessen Erhaltung der Provinz zur Last fiel. Aber sie besaßen keine militärische Gewalt, also auch nicht das Jus gladii, doch hatten sie gegen Provinzialen das Urteil über Leben und Tod. Die letzten Reste jener Tyrannei, welche die Proconsuln zur Zeit der Republik in den Provinzen ausübten, konnten unter den Kaisern wol noch hie und da zu Tage treten, doch nicht mehr so furchtbare Folgen haben.



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